The Plugged in, Fenced out
2008
Sabine Bitter / Helmut Weber
Der Wohnkomplex Habitat 67 wurde vom israelischkanadischen Architekten und Städtebauer Moshe Safdie in den Jahren 1966 bis 1967 anlässlich der in Montreal stattfindenden Weltausstellung Expo 67 geplant und realisiert.
Habitat 67 wurde zur Ikone einer von Japan ausgehenden metabolistischen Bewegung in der Architektur, die Stadt und Architektur als organische, sich immer wieder erneuernde und an wechselnde Ansprüche adaptierbare Versorgungsstruktur planen wollte.
Fuer einen kurzen Moment stand dieses architektonische Ensemble im Sinne der urbanen Metabolismusbewegung fuer ein utopisches Gegenbild zum modernen Konzepte der funktionalen Trennung von Leben und Arbeit, von Wohnen, Freizeit, Transport und Verkehr.
In der Ausstellung Plugged in, Fenced out wird das fotografische Recherchematerial in eine grossformatige, schwarzweiss gerasterte Wandzeitung transferiert.
In die Repraesentation dieser Ikone einer realisierten Utopie werden Module und Collagen von architektonischen Elementen gegenwärtiger Dystopien temporäre Containerdörfer, Provisorien, mobile Ein- und Aussperrungsvorrichtungen montiert und eingeschrieben.
Das fotografische Material der Abwicklung von Räumen und Perspektiven
wird zu einem räumlichen Dispositiv, das den Verlust des utopischen Potentials der Architektur, aber auch die alltäglichen und spektakulären Dystopien, die gegenwärtig unsere Städte und urbanen Erfahrungen prägen und formieren, verhandelt.
Plugged in, Fenced out thematisiert aktuelle Urbanisierungsprozesse, deren Logiken von Verwertbarkeit, Flexibilität, Effektivität, Mobilität und dem blossen Benuetzen der Stadt und ihres Terrains bestimmt sind.
Die Arbeit stellt nicht mehr die Frage nach urbanen Utopien, sondern lenkt den Blick auf die unauffälligen, abseitigen, zum Alltag gewordenen, aber auch spektakulären Formen gegenwaertiger metabolistischer Prozesse (zb EURO 08, Wien) und fragt nach dem Effekt, den diese Formen auf unseren städtischen Alltag haben.
Und das ist neben der architektonischen, sozialen und politischen immer schon eine ästhetische Frage: Welche Bilder und Blickregime mediatisieren und legitimieren diese dystopischen Räume, welche Bedingungen ihrer Herstellung werden verschleiert, welche Aneignungs- und Enteignungsprozesse werden in den gegenwaertigen Raumbildern und Raumproduktionen sichtbar gemacht? Sind mögliche andere urbane Welten vorstellbar?
Oder mit den Worten Kracauer´s: Jede Gesellschaftsschicht hat den ihr zugewiesenen Raum.(
) Jeder typische Raum wird durch typische gesellschaftliche Verhältnisse zustande gebracht, die sich ohne die störende Dazwischenkunft des Bewusstseins in ihm ausdrücken. Alles vom Bewusstsein Verleugnete, alles, was sonst gefliessentlich übersehen wird, ist an seinem Aufbau beteiligt.
Die Raumbilder sind die Träume der Gesellschaft. Wo immer die Hieroglyphe irgendeines Raumbildes entziffert ist, dort bietet sich der Grund der sozialen Wirklichkeit dar. (Siegfried Kracauer, Strassen in Berlin und anderswo. Berlin,1987)
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